Ganztagskonzept
(Stand: November 2019)
1. Einleitung
Die Ganztagsrealschule Odenthal befindet sich zusammen mit dem Gymnasium im Schulzentrum Odenthal. Die Realschule wurde als 2-zügige Realschule im gebundenen Ganztag 2013 gegründet.
Der gebundene Ganztag ist seitdem eine feste Größe und bildet nicht nur den zeitlichen Rahmen des schulischen Alltagsgeschehens. Die Schülerinnen und Schüler erleben Unterricht und soziales Miteinander in der Schule, die sowohl einen Lern- als auch einen Lebensraum darstellt. Dabei wird nicht selten von Seiten der Schülerinnen und Schüler kritisiert, dass die Schule zeitlich in den Rahmen der persönlichen Lebensführung greift und so Hobbys nicht nach Wunsch ausgeübt werden können oder nach erfolgtem Nachmittagsunterricht einfach keine Energie mehr übrig bleibt für weitere Aktivitäten. Um möglichen Motivationsverlusten entgegenwirken zu können, müssen zum einen individuelle Interessen und entwicklungsabhängige Bedürfnisse bei der Ausgestaltung des Ganztags berücksichtigt und zum anderen eine sinnvolle Rhythmisierung angestrebt werden. Es gilt, den empfundenen Zwangscharakter ein wenig zu lockern und zu durchbrechen, Wohlfühl- und Rückzugsräume zu schaffen.
Um diesem Anspruch gerecht werden zu können, wird die demokratische Zusammenarbeit innerhalb der Gremien in den Fokus gestellt. Darüber hinaus wird in Arbeitsgruppen mit Vertreterinnen und Vertretern der Eltern- und Schülerschaft zusammen evaluiert und über Lösungsansätze verhandelt. Konstruktive Ent-wicklungen ergeben sich aus dem stetigen Austausch und durch Kooperationen.
2. Strukturelemente
Kennzeichnend für die Rhythmisierung ist die Entzerrung, die durch Doppelstunden entsteht. Der Unterricht findet in 90-minütigen Blöcken statt, sodass die Fächer verteilt liegen und eine stärkere Konzentration erreicht wird. Eine Entschleunigung wird angestrebt, indem einzelne Fächer epochenweise unterrichtet werden.
Eine Neigungsdifferenzierung findet neben der Auswahl an Wahlpflichtfächern (WPF-Konzept), im Bereich des musischen Blocks statt. Dieser ist im Nachmittagsbereich angesiedelt und bietet den Schülerinnen und Schülern in den Jahrgangsstufen 9 und 10 eine Fülle an vielseitigen Aktivitäten, aus denen gewählt werden kann. Hier werden Schülerinnen und Schüler und Eltern auch selbst aktiv und machen Angebote.
2.1. Tagesgestaltung mit offenem Beginn
Der Schulalltag startet für alle mit dem offenen Beginn. In dieser Zeit können die Schülerinnen und Schüler ankommen, in Ruhe das Material aus dem Schließfach (es können unterschiedliche Größen gemietet werden) holen, auspacken und frühstücken. Als wichtiges Ritual werden so die ersten Stunden eingeleitet. Oft ist auch schon zu Beginn des Tages Redebedarf gegeben und organisatorische Fragen zur Tagesplanung lassen sich klären. Der offene Beginn bietet viele Vorteile: zum einen ermöglicht er einen langsamen Start in den Tag, so dass hier eine Form der Entschleunigung wirksam wird, zum anderen kann vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Anfahrtmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler Verspätungen entgegengewirkt werden.
Zum Alltag gehört auch die Zeit zwischen den Unterrichtsstunden. In der Mittagspause haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, eine warme Mahlzeit in der Mensa einzunehmen und hier soziales Miteinander und Eigenverantwortung zu erleben.
2.2. Epochenunterricht
Das Schuljahr wird in drei Epochen unterteilt. In der Regel ergeben sich je Epoche ca. 13 Wochen.
Die Stundentafel wird innerhalb eines Schuljahres vollends erfüllt. Durch den Unterricht mit vier Wochenstunden wird der Reduzierung der Fächer und der Konzentration sowie der Entschleunigung Rechnung getragen.
Die Bewertung und Leistungsrückmeldung an Eltern erfolgt durch geeignete Mahn-termine.
Dabei wird je nach Ferienkonstellation und beweglichen Ferientagen eine individuelle Aufteilung durch die Schulleitung erstellt. Je nach Unterrichtseinsatz erfolgt eine auf das Schuljahr abgestimmte Planung
2.3. Gestaltung der Übermittagsbetreuung
Im Rahmen des Anteils von 0,6 Stellenanteilen wird die stille Lernzeit sowie die Mittagspause von außerschulischen nicht-pädagogischem Personal betreut.
Um Bewegungs-, Sport- und Spielangebote zu ermöglichen, gibt es eine Spiele-betreuung mit Material für Außenspiele (Sportgarage für diverse Sportarten). Außerdem wird die bewegte Pause angeboten. Als Betreuer fungieren hier eine Lehrkraft sowie die Sporthelfer der Schule.
Ein Spieleangebot für Gesellschaftsspiele wird montags bereitgestellt.
3. Lernzeiten
Schon im Jahre 1982 titelte der Spiegel „Schularbeiten – Alptraum der Familie“. Heute, 37 Jahre später, hat sich daran nicht viel geändert, obwohl der tatsächliche Nutzen von Hausaufgaben aus wissenschaftlicher Perspektive schon damals bezweifelt wurde und die Hausaufgabe an sich schon immer Anlass zu pädagogischen Debatten bot – seitdem die Pädagogik als Wissenschaft existiert.
Das Aufgeben von Hausaufgaben verlagert schulische Situationen und schulische Schwierigkeiten in den Aufgabenbereich der Familien. Kinder werden nach immer länger werdenden Schultagen nach Hause entlassen, um dort weiterzuarbeiten. Tauchen dabei Schwierigkeiten auf, bleiben nur die Eltern als Ansprechpartner. Innerhalb dieses Modells kann nur schwer von Chancengleichheit für Schülerinnen und Schüler verschiedener sozialer Schichten, unterschiedlicher finanzieller Hintergründe oder auch Migrationsgeschichten gesprochen werden. Den Kindern, die mit den Hausaufgaben und den Eltern als einzige Ansprechpartner zu Hause sind, werden mit dem Bildungshintergrund der Eltern, mit den finanziellen Möglichkeiten zur Beschaffung zusätzlicher Lernmaterialien oder Nachhilfe reale Grenzen innerhalb der Schulbildung gesetzt. Darüber hinaus führen Hausaufgaben und die elterliche Hilfe dabei häufig zu Konflikten innerhalb der Familie. Das Fazit für eine moderne und zeitgemäße Bildung – die auf Chancengleichheit und Bildungsmöglichkeiten für die gesamte Gesellschaft ausgerichtet ist – kann nur lauten: Hausaufgaben, als eine Möglichkeit der Diskriminierung von Andersartigkeit des Schülerhintergrunds finden keinen Raum in einer modernen Schullandschaft. Die Etablierung von Ganztagsschulen – der Wandel von Schulen als Lernorten zu Schulen als Lebensorten – bietet die Möglichkeit, Hausaufgaben gänzlich abzuschaffen und Lernzeiten einzurichten, in denen Schülerinnen und Schüler Lernzeitaufgaben unter Betreuung – im besten Falle durch einen Fachlehrer – und angepasst an ihre Leistungsfähigkeit erledigen können. Dazu bedarf es aber eines gutes Konzepts, das es ermöglicht, so individuell wie möglich auf die Schülerinnen und Schüler einzugehen. Da sich das Konzept an den individuellen Bedarfen der Schülerschaft und auch der Eltern orientieren muss, kann ein Lernzeitkonzept immer nur ein unfertiges bleiben und wird stetig fortgeschrieben werden müssen.
Die rechtlichen Gestaltungsvorgaben und Rahmenbedingungen der Lernzeit wurden in den beiden Runderlassen des Ministeriums für Schule und Weiterbildung fest-gehalten: RdErl des Ministeriums für Schule und Weiterbildung v. 05.05.2015 Unterrichtsbeginn, Verteilung der Wochenstunden; Fünf-Tage-Woche, Klassen-arbeiten und Hausaufgaben an allgemeinbildenden Schulen sowie RdErl des Ministeriums für Schule und Weiterbildung v. 23.12.2010 Gebundene und offene Ganztagsschulen sowie außerunterrichtliche Ganztags- und Betreuungsangebote in Primarbereich und Sekundarstufe I mit den Änderungen vom 16.02.2018. Dieser stellt klar heraus: „Hausaufgaben werden in offenen und gebundenen Ganztagsschulen in das Gesamtkonzept des Ganztags integriert.“ (RdErl. 23.12.2010, 5.4). Folglich muss eine Ganztagsschule nach dieser Gesetzesnorm dafür Sorge tragen, dass für die Erledigung weiterführender Aufgaben ein Rahmen innerhalb des Ganztagsschulalltags geschaffen wird. Das bedeutet dann konkret nichts anderes, als dass aus Hausaufgaben Lernzeiten werden, da durch die Schaffung des Lernzeitenmodells gerade dieser Verpflichtung einer Ganztagsschule nachgekommen wird. Der Erlass vom 05.05.2015 konkretisiert dies: „An Ganztagsschulen treten in der Sekundarstufe I Lernzeiten an die Stelle von Hausaufgaben. Die Lernzeiten sind so in das Gesamtkonzept des Ganztags zu integrieren, dass es in der Regel keine schriftlichen Arbeiten mehr gibt, die zu Hause erledigt werden müssen (RdErl. v.05.05.2015, 4.2).
Da Lernzeiten an die Stelle der Hausaufgaben treten und jegliches Einüben und Nachbereiten in der Lernzeit geschehen muss, ist es sinnvoll den gesetzlich definierten Begriff der Hausaufgaben genauer zu betrachten. Im Erlass werden Hausaufgaben als Unterstützung der individuellen Förderung definiert:
- „Sie können dazu dienen, das im Unterricht Erarbeitete einzuprägen, einzuüben und anzuwenden.“
- Sie sollen „[…] in ihrem Schwierigkeitsgrad und Umfang die Leistungsfähigkeit, Belastbarkeit und Neigung der Schülerinnen und Schüler berücksichtigen.
- Sie sollen „[…] von diesem selbstständig ohne fremde Hilfe in den [Lernzeiten] erledigt werden können.“
- „Sie dürfen nicht dazu dienen, Fachunterricht zu verlängern, zu ersetzen oder zu kompensieren oder Schülerinnen und Schüler zu disziplinieren.“
Der Hausaufgabenerlass vom 05.05.2015 definiert Hausaufgaben und damit Lernzeitaufgaben ganz klar als Unterstützung der individuellen Förderung. Dabei müssen sie sich an der Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit, d.h. am Leistungsstand und Leistungsvermögen sowie am jeweiligen Arbeitstempo der Schülerinnen und Schüler orientieren. Auch die individuellen Neigungen der Schülerinnen und Schüler sollten differenziert gefördert werden. Wenn all diese gesetzlichen Ansprüche Berücksichtigung im Schulalltag erfahren sollen, müssen Lernzeitaufgaben differenziert gestellt werden, wobei die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit erhalten sollen eigenverantwortlich und selbstgesteuert zu lernen. Genau dies fordert der Erlass vom 23.12.2010 und stellt die Förderung der Fähigkeit zum selbtständigen Lernen und Gestalten als eines der Merkmale von Ganztagsschulen heraus (vgl. RdErl. v. 23.12.2010, 3.1).
Eine Annäherung wird unternommen, indem bestehende Strukturen einer stetigen Evaluation unterliegen. Es konnte im Schuljahr 2018/19 eine Arbeitsgruppe für Lern-zeiten eingerichtet werden, die regelmäßige Treffen, Hospitationen und Umfragen organisiert, um zu passenden Lösungen auf struktureller und inhaltlicher Ebene zu gelangen. Die Gruppe arbeitet dabei mit Eltern und der Schülerschaft zusammen, um den wachsenden Bedürfnissen gerecht werden zu können.
Derzeit sind die Lernzeiten folgendermaßen organisiert:
- In den Jahrgangsstufen 5 und 6 finden die Lernzeiten an den Langtagen im Klassenverband statt. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich zunächst an das System und den Umgang mit Lernaufgaben gewöhnen können und einen festen Ansprechpartner haben, der als Klassenlehrer/in eng mit der Klasse zusammenarbeitet.
- In der Jahrgangsstufe 9 befinden sich die Schülerinnen und Schüler in Lernzeiten, die ihrem Bedarf an fachlicher Förderung entsprechen. Hier haben sie einen Ansprechpartner, der als jeweiliger Fachlehrer die ideale Lern-begleitung bieten soll.
- In den übrigen Jahrgängen sind feste Gruppen eingerichtet worden, um den Schülerinnen und Schülern eine feste Lernumgebung und Struktur bieten zu können. Auch hier sind den Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten geboten, fachliche Unterstützung bei Lernaufgaben über Ansprechpartner aufzusuchen.
- Lernpaten ergänzen das Betreuungsangebot für die Schülerinnen und Schüler und erweitern den Gedanken des Miteinanderlernens.
Darüber hinaus werden Computerräume sowie eine weitere „stille Lernzeit“ für Schülerinnen und Schüler mit besonderem Bedarf an ruhiger Lernumgebung bereitgestellt. Auch bei der Umsetzung werden Eltern in die Arbeit miteingebunden und sind unterstützend in Lernzeiten aktiv.
4. Schlusswort
So wie die Gesellschaft im kontinuierlichen Wandel, ist auch die Schule im Wandel und befindet sich stets in der Entwicklung. Bestehende Strukturen sind optimal, solange sie den Bedürfnissen entsprechen. Um diese stets im Blick zu haben, ist die Öffnung unumgänglich und die Partizipation ein weiterer Grundstein bei der Zielsetzung.
Zur weiteren Entwicklung gehören der Ausbau der Übermittagsbetreuung, die inhaltliche Zielschärfung im Bereich der Lernzeiten sowie der Ausbau der fakultativen Angebote auch durch Kooperationen mit außerschulischen Partnern.